Wetten, dass 2025 in Baselland kein wahlfreies Jahr wird?
Liestal 28.12.2024 - 04:15
Es ist nicht ausgeschlossen, dass es im Baselbiet zu Rücktritten aus der Regierung kommt. Für wen wären Ersatzwahlen von Vorteil? Die Auslegeordnung.
Das Wichtigste in Kürze
- Im kommenden Jahr sind im Kanton Baselland keine Wahlen geplant.
- Dies könnte sich aber im Falle eines Rücktritts aus der Regierung ändern.
- Hier kommt die grosse Auslegeordnung für das Jahr 2025.
In den beiden Basel wurde seit Februar 2023 beinahe pausenlos gewählt: angefangen bei den Regierungs- und Landratswahlen in Baselland im Februar 2023, dann die eidgenössischen Wahlen im Herbst. Im Jahr 2024 fanden die Gemeindewahlen im Baselbiet statt und schliesslich die Regierungs- und Parlamentswahlen in Basel-Stadt mit zwei Wahlgängen.
Dazwischen wählten die Baslerinnen und Basler im Frühling auch noch einen Ersatz für den in den Bundesrat gewählten Beat Jans – auch mit zwei Wahlgängen, aus denen schliesslich der Sozialdemokrat Mustafa Atici als Sieger hervorging.
Wahlen ohne Ende! Und jetzt, ein Jahr lang einfach nichts? Fast scheint es so – zumindest aus heutiger Sicht. Doch wie die Erfahrung zeigt, können sich die Vorzeichen sehr schnell ändern.
Erinnerungen an 2013
Wie damals gegen Ende des Jahres 2012. Das Baselbiet befand sich am Ende eines Wahlmarathons, und für 2013 schien der Kalender noch leer. Doch es kam anders. Schon Mitte Dezember 2012 trat der freisinnige Finanzdirektor Adrian Ballmer aus gesundheitlichen Gründen aus der Regierung zurück.
Und wenige Monate später verstarb Peter Zwick von der damaligen CVP. Zwei Ersatzwahlen sorgten in der Folge dafür, dass politische Geruhsamkeit nicht aufkam – und dass die SVP nach zweijähriger Abwesenheit mit Thomas Weber in die Kantonsexekutive zurückkehrte.
Dass das kommende Jahr ohne Wahlen vergeht – darauf würde derzeit wohl kaum ein politischer Beobachter wetten. Darauf, dass im Landkanton Regierungs-Ersatzwahlen stattfinden, schon eher. Angeblich sollen der Grüne Isaac Reber, die Freisinnige Monica Gschwind und Anton Lauber von der Mitte amtsmüde sein. Gut möglich, dass es bei diesem Trio im Laufe des nächsten Jahres zu einem vorzeitigen Rücktritt kommt.
Mehr Zeit für die Mitte
Am aktivsten wirkt im Moment noch Anton Lauber. Er ist seit 2013 im Amt. Man könnte sich gut vorstellen, dass der 63-Jährige den Kanton noch einmal aus der finanziellen Misere führen will, um dann 2027 nach Ablauf der Legislatur ordentlich in Rente zu gehen.
In der Mitte fehlt es zwar nicht an potenziellen Nachfolgekandidaten. Die beiden Protagonisten, Parteichef Hannes Hänggi und der frühere Landratspräsident Pascal Ryf, wären aber vermutlich nicht unglücklich über eine etwas längere Bedenkfrist. Etwa, um untereinander auszumachen, wer sich für Laubers Nachfolge und wer für diejenige von Elisabeth Schneider-Schneiter in Bern bewirbt.
Es ist allerdings zu erwarten, dass die Nationalrätin die Legislatur beenden wird, eine Rücktrittsankündigung liegt jedenfalls nicht vor. Im Gegenteil: In Kommentaren in den sozialen Medien schliesst Schneider-Schneiter eine erneute Kandidatur bei den kommenden Gesamterneuerungswahlen nicht aus.
Es dürfte sich dabei aber um Koketterie handeln – die Mitte-Politikerin gehört dem Nationalrat seit 2010 an und feiert 2027 ihren 63. Geburtstag.
Auch hat der Kanton Baselland wegen der Bevölkerungsentwicklung künftig wohl nur noch Anspruch auf sechs statt sieben Nationalratssitze. Der Mitte-Sitz gilt seit jeher als gefährdet. Nach den erfolgreichen Wahlen der vergangenen Jahre und als geschickte Taktiererin wird Schneider-Schneiter verhindern wollen, als Verliererin in die Geschichtsbücher einzugehen.
Zudem befindet sich die Baselbieter Mitte nicht in ihrer Bestform: Sie hat mit einer knappen Kasse und internen Scherereien zu kämpfen. Auch deshalb hat Anton Lauber allen Grund dazu, seiner Partei noch etwas Zeit zu lassen.
Schwache Grüne
Isaac Reber ist seit 2011 im Amt und damit der amtsälteste Regierungsrat. Überraschend käme sein Rücktritt nicht. Man wird den Eindruck nicht ganz los, dass bei ihm das Feuer erloschen ist.
Nur sind bei den Grünen Kandidatinnen und Kandidaten, die für Rebers Nachfolge infrage kämen, dünn gesät. Immer wieder wird der Name Florence Brenzikofer genannt. Die Nationalrätin aus Oltingen verfügt aber über keinerlei Exekutiverfahrung – ihre Wahl wäre kein Selbstläufer.
Käme hinzu, dass es für die Grünen 2027 sehr schwer würde, die nationalen Wahlen ohne Zugpferd zu bestreiten – zumal auch die Zeit von Maya Graf in Bern zu Ende gehen dürfte.
Ob dann Florence Brenzikofer nicht doch lieber versucht, sich erneut um die Erbschaft von Maya Graf – diesmal im Ständerat – zu bewerben?
Allerdings nur für den Fall, dass diese tatsächlich nicht mehr kandidiert. Im Gegensatz zu ihrem Parteikollegen Isaac Reber wirkt Graf nämlich alles andere als träge. Die 62-Jährige gehört laut einer kürzlich publizierten Statistik zu den einflussreichsten Politikerinnen und Politikern in Bern.
Als möglicher Regierungskandidat bleibt dann eigentlich nur noch Philipp Schoch, der Prattler Gemeinderat, frühere Landrats- und Parteipräsident. Für ihn wäre es definitiv die letzte Chance für eine Rückkehr in die kantonale Politik. Strategen befürchten gar, es könnte jetzt schon zu spät sein.
Wer kandidiert für die SVP?
Es stellt sich die Frage, wen die Bürgerlichen als Gegenkandidaten aufstellen. Als stärkste Kraft müsste logischerweise die SVP antreten und versuchen, wie 2013 in die Regierung zurückzukehren. Bloss mit wem?
Johannes Sutter steht nach den Wirren um das Parteipräsidium kaum mehr zur Verfügung. Und dann fehlt es ganz schnell an valablen Kandidaten, zumal die Partei nach der Wahl von Peter Riebli zum Präsidenten immer noch nicht so richtig geeint erscheint.
Zwar ploppt der Name Reto Tschudin immer wieder auf. Als Staatsangestellter hat er aber ein nahezu unüberwindbares SVP-internes Handicap. Ausserdem ist er für das Jahr 2025/26 als Landratspräsident vorgesehen und könnte im Präsidialjahr kaum als Regierungsrat kandidieren. Möglich wäre auch Markus Brunner, Mitglied der Finanzkommission.
Jermann oder Spinnler?
Vorstellbar ist aber auch, dass zwei Amtierende miteinander zurücktreten. Dies würde nicht nur das Feld der Kandidierenden vergrössern, sondern auch die taktischen Möglichkeiten erweitern.
Was, wenn im kommenden Jahr Isaac Reber und Monica Gschwind das Amt gleichzeitig abgeben?
Für die Freisinnigen käme Gschwinds Rücktritt zu früh. Sie sind gerade im Begriff, mit der Buusner Gemeindepräsidentin und Chefin des Verbands Basellandschaftlicher Gemeinden, Nadine Jermann, eine Kandidatin aufzubauen. Doch muss diese erst mal im Landrat Platz nehmen – und sollte für eine solide Kandidatur erst eine Weile dort verbringen.
Es sei denn, ein Mann gerät noch in den Fokus. Neuerdings taucht in den Medien der Liestaler Landrat Thomas Eugster als möglicher Anwärter auf. Fast zwingender erscheint indessen der Liestaler Stadtpräsident Daniel Spinnler – so er denn will. Unabhängig davon macht die FDP zurzeit den Eindruck, als wäre sie, ähnlich wie im Fall der nächsten Ständeratskandidatur, noch nicht ganz so weit.
Grüne und SVP im Stress
Ein Doppelrücktritt würde weder die Grünen noch die SVP besonders begünstigen. Es würde aber den Fächer beispielsweise für eine rot-grüne Doppelkandidatur öffnen, sodass am Schluss nicht ausgeschlossen werden könnte, dass der grüne Regierungssitz an die SP geht. Der ehemalige und damals erfolgreiche SP-Präsident Adil Koller hat aus seinem Interesse an einem Regierungsamt nie einen Hehl gemacht.
Weniger wahrscheinlich wäre dagegen aus heutiger Sicht, dass die Bürgerlichen beide Sitze erobern. Um als ernsthafte bürgerliche Allianz angreifen zu können, müsste die SVP jemanden präsentieren, der im Paket mit der freisinnigen Kandidatur auch in der Mitte wählbar wäre. Die Nichtwahl von Sandra Sollberger hat dies überdeutlich gezeigt. Wegen der dünnen Personaldecke einerseits und des rechtskonservativen Kurses von Präsident Riebli ist dies jedoch nicht realistisch.
SP in der Warteposition
Vielleicht passiert aber im kommenden Jahr wider Erwarten gar nichts, und es steht tatsächlich ein Jahr ohne Wahlen bevor. Dann sollten die Parteien die Zeit für den Aufbau geeigneter Kandidaturen nutzen. Das gilt insbesondere für die SVP und die Grünen.
Die Mitte müsste ihre internen Strukturen neu ordnen und mit Elisabeth Schneider-Schneider ins Reine kommen. Die FDP könnte relativ stressfrei die Gschwind-Nachfolge und die Ständeratskandidatur 2027 vorbereiten.
Die SP, der es weder für die kantonalen noch für die Ämter auf Bundesebene an Kandidaten und vor allem an Kandidatinnen mangelt, könnte sich demgegenüber weiterhin zurücklehnen und warten – bis sich etwas bewegt.
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Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal «OnlineReports» publiziert.