Deutsche Bahn muss SBB-Zug von Stadler wegen Problemen ersetzen

Technische Probleme zwingen SBB-Giruno-Züge von Stadler Rail vorübergehend zum Stillstand. Die Deutsche Bahn springt auf der Strecke Basel-Hamburg mit ICE ein.

Das Wichtigste in Kürze
- Die SBB-Giruno-Züge Hamburg–Basel haben in Doppeltraktion technische Probleme.
- Bis zum 1. Januar ersetzt die DB sie mit ICE-Zügen, Fahrgäste haben keine Einschränkungen
- Ein Softwareupdate soll die Störungen beheben.
Die neue Eurocity-Express-Verbindung zwischen Basel und Hamburg, die die SBB erst kürzlich eingeführt hat, ist mit erheblichen Startschwierigkeiten konfrontiert.
Statt eines reibungslosen Betriebs sorgen technische Probleme bei den eingesetzten Zügen seit Sonntag für einen ungeplanten Fahrzeugwechsel. Also gut zwei Wochen nach dem Fahrplanwechsel, bei dem die neue Verbindung Basel-Hamburg eingeführt wurde.
Betroffen sind die modernen SBB-Giruno-Triebzüge, die auf der internationalen Verbindung eigentlich in sogenannter Doppeltraktion verkehren sollten. Also mit zwei gekuppelten Zügen, um genügend Sitzplätze anzubieten.
Genau diese Betriebsform entpuppt sich nun als Schwachstelle.
Deutsche Bahn übernimmt vorübergehend den Betrieb
Als Übergangslösung hilft die Deutsche Bahn (DB) mit eigenem Rollmaterial aus. Bis mindestens zum 1. Januar werden die Giruno-Züge auf der Strecke Hamburg–Basel durch ICE-Züge der Baureihe 412 ersetzt.
Die DB bestätigt gegenüber Nau.ch einen Bericht des deutschen Newsportals «Tag24»: «In den letzten Tagen kam es gehäuft zu Fahrzeugstörungen bei den SBB-Giruno-Zügen. Die Störungsursachen werden derzeit von der SBB analysiert.»
Parallel dazu arbeitet die SBB gemeinsam mit dem Hersteller Stadler an der Behebung der technischen Probleme.
Einschränkungen nur auf einer Linie
Auch die SBB nimmt gegenüber Nau.ch Stellung und präzisiert, welche Verbindungen betroffen sind:
«Die Leistungen von Basel bis Hamburg und retour werden aktuell durch ICE gestellt. Die Leistung von Milano nach Frankfurt via Basel und retour wird nach wie vor durch den Giruno geführt.»
Der Grund: Die Störungen treten ausschliesslich dann auf, wenn zwei Giruno-Züge zusammengekoppelt werden. In der sogenannten Einfachtraktion – also mit nur einem Zug – funktioniert der Betrieb stabil. Also von Milano nach Frankfurt via Basel.
SBB erklärt: Das steckt hinter der Störung
Die SBB erklärt die Ursache der Störungen so: «Der Grund für die Störungen liegt in der Störstromüberwachung der Stromabnehmer. Diese ist im Unterschied zur Schweiz in Deutschland bei allen Fahrzeugen aktiv.»
Erschwerend kommt die aktuelle Wetterlage hinzu.
«Aufgrund der momentan tiefen Temperaturen, kann an der Fahrleitung Raureif entstehen», so die SBB.
Dieser Raureif kann zu elektrischen Abweichungen führen, die vom System als Störung interpretiert werden.
Besonders in Doppeltraktion reagiert die Software derzeit zu empfindlich: «In den vergangenen Tagen hat sich gezeigt, dass die Einstellung des Störstrommonitors für Doppeltraktion bei den Giruno zu sensibel eingestellt ist. Dies kann zu erhöhten Abweichungen und punktuell zur Abtrennung der Stromversorgung für den Fahrmotor führen. Die Abtrennung kann vom Lokführer zurückgesetzt werden.»
Softwareupdate soll Abhilfe schaffen
Als kurzfristige Massnahme wird seit zwei Tagen laufend ein Softwareupdate auf die Giruno-Züge gespielt. Dieses soll die Störstromüberwachung speziell für den Betrieb in Doppeltraktion neu justieren und unnötige Fehlermeldungen verhindern.
Die SBB zeigt sich optimistisch: «Wir sind zuversichtlich, dass ab 2. Januar die Giruno wieder durchgehend bis nach Hamburg verkehren können.»
Auch Stadler Rail bleibt zuversichtlich. «In der Schweiz und in Italien fahren die Giruno-Züge problemlos seit Jahren. Nach dem Softwareupdate, das bereits läuft, wird dies in wenigen Tagen auch in Deutschland der Fall sein», heisst es auf Nau.ch-Anfrage.
Mit der SBB stehe man im engen Austausch.
Keine Einschränkungen für Fahrgäste
Für die Reisenden soll der temporäre Fahrzeugwechsel keine negativen Folgen haben.
Die Deutsche Bahn betont: «Für unsere Fahrgäste kommt es zu keinen Einschränkungen, die ausfallenden SBB-Giruno-Züge werden mit ICE-Zügen ersetzt. Die eingesetzten ICE-Züge bieten im Vergleich zu den ursprünglich vorgesehenen Giruno-Zügen ein identisches Sitzplatzangebot»
Damit erhält jeder Fahrgast einen Sitzplatz. Wer bereits eine Sitzplatzreservation für den Giruno-Zug vorgenommen hat, kann sich die Kosten dafür zurückerstatten lassen.
Stadler Rail verlor kürzlich Auftrag an Siemens
Brisant ist der Vorfall auch aus industriepolitischer Sicht. Der Giruno wird vom Schweizer Hersteller Stadler Rail gebaut. Ausgerechnet ersetzt werden die Züge nun durch ICE 4 der Baureihe 412, die vom deutschen Konzern Siemens produziert werden.
Erst kürzlich hatte die SBB den grössten Beschaffungsauftrag ihrer Geschichte an Siemens vergeben: 116 neue Doppelstockzüge für rund zwei Milliarden Franken.
Stadler Rail ging leer aus und hat inzwischen Rekurs beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt.
Siemens hatte im Vergabeverfahren einen Preisvorsprung von lediglich 0,6 Prozent. Dieser beziehe sich jedoch nur auf die Investitionskosten.
Über die gesamte Lebensdauer der Züge belaufe sich der Preisunterschied auf einen dreistelligen Millionenbetrag, rechtfertigte sich die SBB.







