Stadt Basel

Hotelschiffe stoppen vor der Basler Grenze

Fabian Schwarzenbach
Fabian Schwarzenbach

Basel,

Reedereien von Flusskreuzfahrtschiffen legen wegen eines verschärften Grenzregimes nicht mehr in Basel an. Die Behörden scheinen davon aber nichts zu wissen.

hotelschiff basel
Ende Mai wendete ein Hotelschiff auf dem Rhein vor dem Hafen in Basel. - OnlineReports.ch / Fabian Schwarzenbach

Das Wichtigste in Kürze

  • In Basel legen einige Flusskreuzfahrt-Reedereien aktuell nicht mehr an.
  • Als Grund nennen die Unternehmen verschärfte Regeln vonseiten der Grenzbehörden.
  • Die Behörden dementieren verstärkte Kontrollen.
  • Ebenso habe es keine rechtlichen Änderungen gegeben.

Urs Fricker aus Gelterkinden hat bei Excellence eine Flussreise von Wien nach Basel gebucht. Geplant ist, dass er am Sonntag, 1. Juni, in Basel ausschifft.

Doch zwei Tage vor Ankunft erhält Fricker eine Mail seines Reisebüros. Darin heisst es, dass das Schiff wegen eines neuen Grenzregimes am Rheinhafen nicht in Basel halten könne und deshalb in Kehl gegenüber Strassburg anlegen müsse.

Die neue Regelung betreffe Personen von Schiffsbesatzungen, die von Staaten ausserhalb des EU/EFTA-Raums stammen, heisst es weiter im Schreiben des Reisebüros.

Zu diesen gehörten auch «viele unserer geschätzten Excellence-Mitarbeitenden». Da diese nicht über ein Schweizer Visa verfügten, gälten sie als «illegale Erwerbstätige».

Die Behörden stellten neu das Schweizerische Ausländer- und Integrationsgesetz über die Mannheimer Akte, die die zwischenstaatliche Rheinschifffahrt seit 1868 regelt.

Die Schiffspassagiere werden von Kehl kostenlos mit Bussen nach Basel gefahren. Für Urs Fricker ist das «nicht weiter schlimm». Doch sei dieser Zustand «für eine Stadt wie Basel mit all ihren Messen und Kulturveranstaltungen nicht haltbar», sagt er.

Keine Nachteile für die Kundschaft

«Die Situation mit dem Grenzregime ist neu für uns», sagt Excellence-Geschäftsleiter Stephan Frei. In Zukunft schifften die Schiffe beim Anleger in Huningue ein- und aus, um nicht mehr in helvetische Gewässer vorzustossen.

Die Transfers mit Bussen seien für die Gäste in den Arrangements inbegriffen – für die Passagiere gebe es keine Nachteile.

Die «politische Situation» nimmt Excellence vorläufig hin. Sie hat sich mit anderen Flussschifffahrts-Gesellschaften in der IG RiverCruise zusammengeschlossen und wird Druck auf die Behörden ausüben.

basel rhein schifffahrt
Der Rhein in Basel. (Archivbild) - keystone

Konkurrent Thurgau Travel wird ebenfalls nicht mehr in Basel ein- und ausschiffen und auch in Huningue anlegen. CEO Daniel Pauli-Kaufmann macht kein Geheimnis daraus, dass Reedereien verwarnt und gebüsst worden seien, weil ihre Mitarbeitenden zwar über gültige Visa aus EU-Rheinanliegerstaaten verfügen, jedoch nicht über Schweizer Visa.

«Diese Praxis wurde bislang von den Behörden akzeptiert und stützt sich auf die Mannheimer Akte und das Schengener Abkommen.» Nun werde das Territorialprinzip deutlich restriktiver ausgelegt.

Branchenverbände werden aktiv

Die Situation beschäftigt die gesamte Schifffahrtsbranche. «Es ist eine komplexe Thematik, aber wir sind mit den Behörden vor Ort in Kontakt», sagt Simon Oberbeck.

Der Baselbieter Landrat und Präsident der Mitte Baselland ist Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrt und Hafenwirtschaft (SVS).

Die SVS sei daran interessiert, für die Schiffsbetreiber Planungssicherheit herzustellen. Oberbeck betont das gute Einvernehmen des Schifffahrts- und Hafenverbands mit den Behörden.

«OnlineReports» hat bei den Behörden nachgefragt. Doch dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit sind keine zusätzlichen Kontrollen von Passagierschiffen auf dem Rhein durch den Schweizer Zoll bekannt, wie Mediensprecherin Tabea Rüdin auf Anfrage bestätigt.

Genauso wenig hat gemäss Toprak Yerguz vom Justiz- und Sicherheitsdepartement das Basler Migrationsamt seine Kontrolltätigkeit geändert.

Beim Basler Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt (WSU) heisst es, Basis für ein Einreisevisum sei die zuvor von den Behörden, in diesem Fall den schweizerischen, erteilte Arbeitsbewilligung.

Das Amt für Wirtschaft und Arbeit erteile nach Vorgaben des Bundesrechts Arbeitsbewilligungen für die Arbeit von nicht nautischem Personal auf Flusskreuzfahrtschiffen. Zudem würden zusammen mit Polizei und Migrationsbehörden Kontrollen durchgeführt.

Kaspar Sutter interveniert beim Bund

Das WSU sei sich bewusst, «dass die heutige Bundesregelung nachteilig für Flusskreuzfahrtschiffe, die Basler Rheinhäfen und den Tourismusstandort Basel» ist, wie Sprecherin Sonja Körkel schreibt.

Deshalb habe Vorsteher Kaspar Sutter bereits beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) interveniert. Es brauche eine Änderung der Bundesregelung. Beim im EJPD zuständigen Staatssekretariat für Migration (SEM) sieht man das aber anders.

Mediensprecher Samuel Wyss schreibt: «Das SEM als Aufsichtsorgan kann keine Änderung der Regelung bei der Zulassung von Drittstaatsangehörigen in der grenzüberschreitenden Flussschifffahrt bestätigen. Die Regelung basiert auf dem Ausländer- und Integrationsgesetz, das in diesem Bereich ebenfalls unverändert geblieben ist.»

Sollte an den Gesetzen etwas geändert werden, um den Reedereien entgegenzukommen?

Sutters Intervention bringt demnach wenig. Denn, so das SEM, gebe es zurzeit «keinen Fahrplan für mögliche Anpassungen».

Auch sei zuerst «vertieft zu prüfen», ob es tatsächlich eine Anpassung der rechtlichen Grundlagen brauche. SEM-Sprecher Wyss verweist zurück an das WSU.

Wenn es keine rechtlichen Änderungen gab, warum meiden dann Reedereien Basel? Auf diese zentrale Frage hat «OnlineReports» bisher keine Antwort erhalten.

Zu Grunde liegen dürfte eine Kontrolle im Mai. Bei dieser sollen etliche Mitarbeitende gebüsst worden sein, worauf offenbar die Reedereien miteinander eine Praxisänderung vereinbart haben.

Kaspar Sutter trägt mehrere Hüte

Zahlen des WSU zeigen, dass dieses Jahr 39 Drittstaatsangehörige ohne Bewilligung erwischt wurden sowie drei Personen aus EU/EFTA-Staaten, die sich nicht gemeldet hatten.

Regierungsrat Sutter dürfte ungelegen kommen, dass das Amt für Arbeit und Wirtschaft die Bewilligungen selbst ausstellt und kontrolliert, wenn auch mit anderen Stellen zusammen. In den Amtsbereich des Sozialdemokraten fällt auch der Basler Rheinhafen, der durch diese Situation Anlegegebühren verliert.

Und auch für die Reiseveranstalter kommt die Aktion zu einem äusserst ungünstigen Zeitpunkt. Wie verschiedene Quellen bestätigen, brummt das Geschäft mit den Hotelschiffen.

Dass mit Basel der ideale Endpunkt auf dem Rhein nicht mehr angefahren werden kann, dürfte zusätzliche Kosten generieren und sich negativ auf die Passagiere auswirken. Zudem kommen jedes Jahr neue Schiffe hinzu, für die es Personal benötigt.

Am 2. Mai stellte etwa die Reederei Excellence in Basel ihr neuestes Schiff vor: die Excellence Crown. Getauft wurde das innovative Flussschiff mit Hybridantrieb und Solarstrom von der Basler Starköchin Tanja Grandits.

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Die Excellence Crown. - keystone

Pfarrer Felix Christ, der schon mehrere Schiffe der Flotte gesegnet hat, leitete die Zeremonie. Für das Unterhaltungsprogramm sorgten unter anderem der Moderator Sven Epiney, der Bariton Burkhard von Puttkamer und der Cellist Jodok Vuille. 650 Gäste verfolgten die Ankunft und Taufe des Schiffes.

Ein solches Schiff wird man in Basel unter Umständen so rasch nicht wiedersehen. Dennoch hofft Excellence-Chef Stephan Frei, bald wieder «den Heimathafen Basel» anfahren zu können.

***

Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal «OnlineReports» publiziert.

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