Wahlanalyse: Das linke Basel will sich einmitten
Basel 25.11.2024 - 09:21
Mitte und GLP sollten ein starkes Bündnis im politischen Zentrum anstreben. Das würde beiden nützen – und den Wählerwillen abbilden. Die Analyse zu den Wahlen.
Das Wichtigste in Kürze
- Esther Keller setzt sich gegen Anina Ineichen durch und bleibt im Basler Regierungsrat.
- Die Wählerinnen und Wähler haben gezeigt, dass sie die politische Mitte schätzen.
- Hier kommt die Analyse zum zweiten Wahlgang.
Die Baslerinnen und Basler sind zufrieden mit der Zusammensetzung der Kantonsregierung, wie sie seit vier Jahren besteht. Sie wünschen keine Veränderungen und schon gar keine Polarisierung. Das ist mit der klaren Wiederwahl der Grünliberalen Esther Keller deutlich zum Ausdruck gekommen.
Das linke Basel will sich offensichtlich einmitten. Diese Entwicklung hat bereits 2020 begonnen, als die Wahlberechtigten die grüne Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann abgestraft und Keller gewählt haben. Am Sonntag wurde der Trend nun bestätigt.
Das Wahlergebnis widerspiegelt auch die Kräfteverhältnisse im Grossen Rat. Bei den Gesamterneuerungswahlen am 20. Oktober konnten die Zentrums-Parteien GLP, Mitte und EVP ihre Sitze insgesamt halten. Doch eine Kooperation zwischen diesen Kräften gibt es aktuell nur situativ.
Stattdessen nehmen die Bürgerlichen die Mitte oft als unverlässliche Partnerin wahr. So haben LDP, FDP und SVP nicht goutiert, dass diese im zweiten Wahlgang eine Empfehlung für Keller abgegeben hat. Wohl auch, weil die GLP in bürgerlichen Kreisen ohnehin als Linkspartei gilt.
Bei Mitte und Grünliberalen sind aber Befindlichkeiten auszumachen
Doch nun werden Stimmen laut, die eine engere Zusammenarbeit im politischen Zentrum wünschen. Esther Keller sagt am Wahlsonntag zu «OnlineReports»: «Wir gegen alle ist vielleicht nicht der richtige Weg.»
Fraktionschefin Claudia Baumgartner spricht von einigen «Überschneidungen» zwischen den Parteien. Sie sei der Meinung, dass eine starke Mitte-Allianz dem politischen System angesichts der weltweiten Polarisierung sicher nicht schaden würde.
Und auch das Mitte-Co-Präsidium steht einer vertieften Zusammenarbeit offen gegenüber. Sara Murray und Franz-Xaver Leonhardt distanzieren sich von der Bezeichnung «bürgerliche Mitte» und verorten die Partei in der politischen Mitte. Für Leonhardt lautet die aktuelle Regierungsformel denn auch nicht 3-1-3, sondern 2-2-3 – obwohl Regierungsrat Lukas Engelberger im bürgerlichen Ticket angetreten ist.
Bei beiden Seiten sind aber Befindlichkeiten auszumachen: Hier die konservative, geschichtsträchtige Bundesratspartei, die sich nicht mit der jungen GLP vergleichen will. Da die progressiven Grünliberalen, die ihre Eigenständigkeit hochhalten.
Mit der Hilfe der Grünliberalen könnte die Mitte womöglich auch ihren Regierungssitz verteidigen
Es könnte sich für die beiden Parteien aber lohnen, enger zusammenzuarbeiten. Dazu braucht es weder eine Fusion noch eine gemeinsame Fraktion im Grossen Rat. Aber durchaus gemeinsame Vorstösse, Initiativen, Stellungnahmen. Mit einem Auftritt als politisches Mitte-Bündnis könnten die Parteien darauf hinarbeiten, dass die neue Basler Zauberformel auch über 2028 hinaus Bestand hat.
Lukas Engelberger ist ein idealer Kandidat, um 2027 um den Ständeratssitz zu kämpfen. Als Mitglied der jetzigen bürgerlichen Allianz hätte er die Unterstützung von rechts. Kommen die Grünliberalen hinzu, stehen die Chancen gut.
Mit der Hilfe der Grünliberalen liesse sich dann womöglich auch der Regierungssitz verteidigen. Dafür könnte die Mitte in vier Jahren Kellers Wunsch erfüllen und in einem Bündnis mit der GLP antreten. Die Mitte hatte ohnehin Mühe mit einer bürgerlichen Allianz einschliesslich der SVP.
Die Stimmbevölkerung hat sich für eine ausgewogene Regierung und ein ebensolches Parlament entschieden. Das politische Zentrum muss nun zeigen, dass dies zu einer konstruktiven und konsensorientierten Politik führt. Dann gibt es bei künftigen Wahlen wenig Grund, davon abzurücken.
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Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal «OnlineReports» publiziert.